• Hunde reagieren an Silvester sehr sensibel (manchmal sogar solche, die sonst keine Probleme mit Schüssen oder Gewitter haben), weil sie einem wahren Feuerwerk der Sinneswahrnehmungen ausgesetzt sind. Alle ihre Sinne (bis auf den Geschmackssinn) sind deutlich besser ausgebildet als bei uns Menschen. Der Gehörsinn leidet durch den Lärm, der Gesichtssinn (die Augen) durch die ungewohnten und in großer Anzahl auftretenden Lichtreflexe und der Geruchssinn durch den Gestank, den die Böller verursachen.
  • Hat der Hund enormen Stress an Silvester, verreisen Sie mit ihm dorthin, wo es keine Böller und Kracher gibt, z.B. in abgelegene Ferienhäuser in den Bergen oder am Meer. Die Ruhe tut nicht nur Ihrem Hund gut. Buchen Sie frühzeitig. Reisen Sie ein paar Tage früher an und ein paar Tage später ab.
  • Wenn Sie nicht verreisen können, bewahren Sie Ruhe in jeder Lebenslage und leben Sie Ihrem Hund durch entspannte und nicht hektisch-schnelle Körperbewegungen vor, dass er sich keine Sorgen machen muss.
  • Legen oder setzen Sie sich z.B. gemütlich aufs Sofa und lesen Sie etwas. Beginnt die Knallerei, suchen die meisten Hunde von sich aus den Kontakt zum Menschen. Ankuscheln und Spüren von Nähe sind absolut erwünscht. Manche Hunde mögen eine „Schutzhöhle“, eine kuschelige Decke.
  • Die Stimmungsübertragung vom Menschen auf den Hund darf auf keinen Fall unterschätzt werden. Die größte Herausforderung ist es, selbst entspannt und gelassen zu sein und nicht etwa nur so zu tun, das spürt der Hund!
  • Erwarten Sie nicht von Ihrem Hund, dass er völlig entspannt ist, wenn er sich sonst sehr aufregt. Eine kleine Verbesserung, indem er sich etwas mehr beruhigt als sonst, ist schon ein großer Schritt. Zu hohe Erwartungshaltungen und Zeitdruck setzen Hund und Mensch unter Druck und wirken sich absolut kontraproduktiv aus.
  • Seien Sie ein Partner für Ihren Hund, indem Sie Mut und Gelassenheit ausstrahlen.
  • Nehmen Sie sich qualitativ hochwertige Zeit für Ihren Hund, stehen Sie ihm durch Ihre Anwesenheit zur Seite und lassen Sie ihn kontaktliegen, wenn er das möchte.
  • Kontaktliegen bedeutet nicht: den Hund auf den Arm nehmen, auf den Schoß setzen, herumtragen, streicheln und bedauern. Dies alles verstärkt seine Angst.
  • Ignorieren ist verboten! Viele Trainer geben diesen Ratschlag, damit die Angst des Hundes nicht durch den Besitzer unbewusst bestätigt wird. Dieser Tipp schießt weit über das Ziel hinaus. Ignoriere ich meinen Hund, der Angst vor etwas hat und bei mir Schutz sucht, dann mache ich ihm unmissverständlich klar, dass mir seine Sorgen egal sind und er Unterstützung bei jemand anderem suchen muss. Dies ist Gift für das gemeinsame Vertrauensverhältnis und die gute Bindung zueinander.
  • Beginnt der Hund zu hecheln oder zu pföteln (Stresssignale), reagiert man darauf am besten mit einem gelassenen „Ist alles okay“ und das war´s.
  • Schalten Sie den Fernseher in einer Lautstärke ein, die für Hund und Mensch noch gut erträglich ist, aber den Lärm von draußen etwas abmildert. Dies verhindert eine zu starke Fokussierung auf die Knallgeräusche.
  • CD mit beruhigender Musik, die dem Buch „Mit den Ohren eines Hundes“ von Joshua Leeds und Susan Wagner beiliegt (Stichwort Psychoakustik)
  • CDs mit Silvestergeräuschen zur Desensibilisierung sind nicht sinnvoll, denn der Hund merkt sehr deutlich den Unterschied zwischen Original und Fälschung.
  • Desensibilisierung (langsame Gewöhnung an den Reiz über Verringerung von Distanz) und Gegenkonditionierung (Auslöser kennen lernen und positiv besetzen) können in einzelnen Fällen helfen
  • Gardinen oder Rollos schließen und Licht anschalten, um die Lichtreflexe von draußen zu dämpfen
  • Gassigänge nur kurz in der Nähe des Hauses, damit die Hunde wissen, dass sie im Notfall schnell wieder in Sicherheit sind. Besitzen Sie einen Garten, reicht dieser völlig aus!
  • Bei panischen Hunden: doppelte Leinensicherung und immer in der Nähe des Zuhauses oder Autos bleiben! Für diese Hunde ist es eine Frage des Überlebens, ob sie sich an einen sicheren Ort zurückziehen können oder nicht.
  • Keine beruhigenden Medikamente verabreichen! Alle Psychopharmaka können eine Umschlagwirkung zeigen, d.h. dass es nicht die gewünschte Beruhigung bringt, sondern das krasse Gegenteil! Ein weiterer großer Nachteil: Selbst wenn die beruhigende Wirkung eintritt, tut sie das häufig nur auf körperlicher Ebene und nicht auf mentaler. Dies bedeutet, dass der Hund alles wie immer um sich herum wahrnimmt, aber keine Kontrolle mehr über seine Gliedmaßen hat, um zu fliehen. Ein tiefsitzendes Trauma ist die Folge.
  • Von Bach-Blüten ist keine Umschlagwirkung bekannt. Allerdings ist eine Erstverschlimmerung der Symptome wie bei der Verabreichung von homöopathischen Mitteln in seltenen Fällen möglich. Daher sollten Bach-Blüten nicht erst an Silvester, sondern bereits davor getestet werden. Ein seriöser Therapeut stellt Ihnen und Ihrem Hund eine individuelle Mischung zusammen.
  • DAP- Stecker (Dog Appeasing Pheromone) vom Tierarzt: Diese Pheromone sind Duftstoffe, die eine Mutterhündin während der Laktationsphase zwischen der Milchleiste absondert und die beruhigend auf die Welpen wirken. Dies funktioniert auch noch bei erwachsenen Hunden. Wichtig ist hierbei allerdings, dass Sie dem Hund die Gelegenheit geben, den Raum zu verlassen, wenn er das wünscht, denn nicht alle Hunde mögen diesen Geruch und nicht auf alle wirkt er beruhigend! Auch hier ist es sinnvoll, nicht erst am Silvesterabend auszuprobieren, welche Reaktionen Ihr Hund zeigt, fangen Sie ruhig schon ein bis zwei Wochen vorher damit an. Auf gar keinen Fall sollten Sie die ebenfalls erhältlichen DAP-Halsbänder verwenden, denn einmal angelegt kann der Hund sich eben nicht mehr frei entscheiden, ob er den Geruch sucht oder meidet, sondern er ist ihm ausgeliefert.
  • Bellt der Hund an Silvester viel, gilt es zu splitten (im Notfall auch durch Barrieren oder Hausleinen, ansonsten mit Körper und Hand) und die Verantwortung für die Situation zu übernehmen (Stopping Hand-Signal schon vor Silvester aufbauen). Erfährt ein verunsicherter Hund mit Bellproblematik über das Jahr hinweg eine Steigerung des Selbstbewusstseins, ist es wahrscheinlich, dass das Bellen kurzzeitig zunimmt, denn der Hund traut sich nun endlich zu sagen, wenn ihm etwas nicht passt. Je selbstbewusster er aber wird, desto weniger wird dann auch das Bellen mit der Zeit, denn er fühlt sich weniger bedroht. Problem ist oft der Besitzer, der das Bellen unbewusst verstärkt (Rückwärtsverkettung, pos. oder neg. Aufmerksamkeit durch Blicke, Worte oder Berührungen). Eine Analyse des Belltyps kann helfen. Je nachdem, was das Ergebnis ist, kann es hilfreich sein, dem Hund etwas zum Kauen oder Lecken zu geben, ihn mental zu beschäftigen, ihm zu signalisieren, dass man seine Sorge erkannt hat und die Verantwortung für die Situation übernimmt und nicht abwartet, bis er sich in Rage gebellt hat, mit Sichtzeichen zu arbeiten, denn durch den erhöhten Stresspegel ist der Hund für Worte weniger empfänglich.

 

Langfristige Maßnahmen:

  1. Das Selbstbewusstsein des Hundes durch Körperbewusstseinsübungen und Schulung des Problemlösungsdenken (mentale Beschäftigung) stärken
  2. Dem Hund den Raum für selbständiges Denken einräumen
  3. Routinen etablieren, die im Laufe der Zeit langsam geändert werden (Umgebungen ändern, Zeiten, in denen der Hund auf sich gestellt ist, erweitern)
  4. Den Hund erkunden lassen (und dieses Verhalten nicht ständig unterbrechen, weil wir die Kontrolle möchten oder andere Leute denken könnten, dass wir keine Kontrolle über den Hund haben oder die zu erkundenden Dinge in unseren Augen nicht sicher sind) und damit die natürliche Neugier stärken
  5. Das eigene Bewusstsein für erlerntes Verhalten schulen (Rückwärtsverkettungen, Assoziationen) und die Prinzipien des hündischen Lernverhaltens verstehen
  6. Die Körpersprache des eigenen Hundes lesen lernen (Beschwichtigungs- und Stresssignale) und zeitnah darauf reagieren, nicht erst, wenn er schon im schlechten Verhalten drin steckt
  7. Sich der eigenen Körpersprache und Stimme bewusst sein (bedrohen Sie Ihren Hund nicht – weder bewusst noch unbewusst –, wenn er sowieso schon Angst hat)
  8. Die Gesundheitssituation (akut und chronisch) des Hundes regelmäßig überprüfen! – Der Gedanke, dass es eine Fluchtmöglichkeit gibt, beruhigt
  9. Der Hund sollte das, wovor er Angst hat, kennen lernen dürfen
  10. Der Hund darf die Entscheidung treffen, nach Hause oder auch mal gar nicht raus gehen zu wollen
  11. Dem Hund das Gefühl geben, dass er Dinge beeinflussen kann
  12. Übungssituationen gestalte ich so, dass der Hund Erfolg haben kann!
  13. Stressreduktion!
  14. Kauen und Lecken beruhigt

 

Beitrag von www.begegnungstraum.de 2015

Silvestervorbereitung, nicht nur für Geräuschsensible