Kind & Hund – wie Verletzungen von Kindern durch Hunde zu verhindern?
Es liegt in der Verantwortung der Eltern, dass ihre Kinder Grundregeln im Umgang mit Hunden lernen und einhalten. Darüber hinaus ist es die Aufgabe der Eltern, die Begegnung zwischen Kind und Hund in einem Haushalt vorzubereiten und entsprechend zu gestalten, damit die Risiken, die durch die Haltung eines Hundes ausgehen, minimiert werden.
Die meisten Verletzungen bei Kindern werden durch bekannte Hunde oder durch Hunde im eigenen Haushalt verursacht. Oft wissen die Kinder nicht, ab wann Gefahr droht und gehen völlig unbedarft und ahnungslos mit dem Hund um. Die Eltern wiegen sich in der Sicherheit, dass der Hund völlig ungefährlich sei oder eine klare Rangordnungsstruktur anerkennen würde. Beides ist jedoch falsch.
Auch ein noch so freundlicher Hund kann z.B. durch Schmerzen plötzlich abwehren und ein Kind verletzen, auch wenn er das Kind nur auf Abstand halten wollte. Wenn der Hund in Anwesenheit der Eltern das Kind gewähren lässt, so duldet er unter Umständen die gleichen Verhaltensweisen des Kindes in Abwesenheit der Eltern keineswegs. Hinzu kommt, dass er sich durch das Kind auch bedroht fühlen kann.
In diesen Fällen wehrt der Hund ab, wie er es anderen Hunden gegenüber tun würde. Diese besitzen aber ein Fell und sind daher weit weniger gefährdet als ein Kind. Selbst der Schreck, auch ohne eine direkte Hautverletzung, kann bei einem Kind weit reichende Folgen haben.
Es macht daher Sinn, sich intensiv mit den Gefahrenpunkten auseinander zu setzen und einige Grundregeln einzuhalten, denn Vorbeugung ist immer die beste Medizin.
Der Hund im eigenen Haushalt
Prinzipiell sollten Kind und Hund niemals allein gelassen werden. Ein Kind ist unberechenbar und kann spielerisch und ohne Absicht einen Hund sehr schnell bedrohen. Das Kind muss daher im Umgang mit dem eigenen Hund lernen,
- den Hund freundlich und liebevoll zu behandeln,
- nur unter Aufsicht mit dem Hund zu spielen und zu schmusen, damit die Eltern Kontrolle haben,
- auf die Signale des Hundes zu achten: ein Zurückweichen akzeptieren, Lefzen¬hochziehen und Knurren als Warnsignale zu sehen und den Kontakt abzubrechen,
- dem Hund niemals in die Augen zu starren oder ihn zu umarmen, da er beides als Drohungen verstehen könnte,
- den Hund nicht beim Fressen stören,
- dem Hund keine Gegenstände oder etwas zu fressen wegnehmen,
- den Hund nicht erschrecken oder bedrängen
- die Rückzugsmöglichkeit des Hundes zu akzeptieren.
Der Welpe
Kommt ein Welpe in die Familie, muss er natürlich erzogen und mit seiner Umwelt gut sozialisiert werden. Der Welpe soll lernen, dass Kinder etwas Erfreuliches sind und dass es Spaß macht, mit ihnen zu spielen. Die Aufsicht der Eltern ist daher besonders wichtig. Macht der Welpe schlechte Erfahrungen, können diese zu späterer Abwehr Kindern gegenüber führen.
Ein Welpe braucht viele Ruhephasen, die vom Kind respektiert werden müssen. Dazu braucht der Welpe einen sicheren Rückzugsort, der für das Kind tabu ist.
Der Welpe muss die Beißhemmung erlernen und darüber hinaus, dass menschliche Haut generell tabu ist. Ein Welpe probiert im Spiel mit Artgenossen und Menschen aus, wie fest er zubeißen kann, ohne dass er Ärger bekommt. Wenn der Welpe seine Zähne benutzt, sollte daher das Spiel generell sofort unterbrochen werden. Er lernt, dass Zubeißen bei Menschen von Nachteil ist und wird es dann unterlassen. Vor allem Kinder müssen dabei sehr konsequent sein und brauchen dabei die Unterstützung der Eltern. Auch an der allgemeinen Erziehung können sich Kinder, je nach Alter und entsprechender Reife, beteiligen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass Kinder bei der Erziehung niemals Druck ausüben und nur spielerisch mit dem Hund üben sollten. Die Erteilung eines „Befehls“, der im Beisein Erwachsener ausgeführt wird, könnte zu einer Konfliktsituation führen, wenn das Kind mit dem Hund allein übt. Spielerische Kommunikation ist problemlos und verhindert kritische Situationen.
Der Welpe muss außerdem lernen, welche Regeln im Haus einzuhalten sind und wie man sich außerhalb des Hauses benimmt. Dazu müssen sich alle Familienmitglieder einig sein, was der Hund darf und was nicht. Darf er auf das Sofa oder nicht? Darf er ins Bett oder soll er ganz aus den Schlafzimmern bleiben? Klare Regeln sind für den Hund sehr wichtig, nur so kann er sie auch einhalten.
Außerhalb des Hauses sollte ein Hund manierlich an der Leine gehen, wenn er frei laufen darf, auch zurückkommen, wenn man ihn ruft.
Die intensive Arbeit mit dem Welpen lohnt sich. Man hat später einen wohlerzogenen und sozial sicheren Hund, der mit Kindern prima zurecht kommt.
Der erwachsene Hund und das Baby
Lebt der Hund bereits im Haushalt und ein Baby kommt hinzu, sollte man den Hund zunächst mit dem Geruch des Kindes vertraut machen. Ein Kleidungsstück oder eine Decke, die das Kind benutzt hatte, darf der Hund ausgiebig beschnuppern. Der erste direkte Kontakt sollte vorsichtig erfolgen, da der Hund sich vor dem Babygeschrei erschrecken und fürchten kann. Ein Leckerchen im Beisein des Kindes deutet für den Hund darauf hin, dass da etwas Erfreuliches auf ihn zukommt. Man sollte dazu übergehen, den Hund möglichst nur bei Anwesenheit des Neuankömmlings zu füttern und sich auch nur dann im Haus mit ihm zu beschäftigen, wenn das Baby in der Nähe ist. Er lernt, dass die Anwesenheit des Kindes positive Seiten hat und wird es zu schätzen wissen.
Ein kritischer Zeitpunkt ist gekommen, wenn das Baby mit dem Krabbeln anfängt. Der Hund kann dadurch irritiert werden und sich bedrängt oder bedroht fühlen. Er sollte immer eine Rückzugsmöglichkeit haben, die für das Kind nicht zugänglich ist oder von diesem respektiert, bzw. von den Eltern unter Kontrolle gehalten wird.
Einen „Welpenschutz“ hat ein Kind per se nicht und kann es auch gar nicht haben. Das beschwichtigende Verhalten eines Welpen löst bei einem sozial kompetenten und mit Welpen vertrauten erwachsenen Hund vorsichtiges Verhalten aus. Ein solches Verhalten kann ein Kind natürlich nicht zeigen, weil es eben kein Welpe ist. Viele Hunde, die mit Kindern aufwachsen, lernen aber trotzdem, dass sie mit Kindern vorsichtig umgehen müssen und sind im Umgang mit ihnen ausgesprochen tolerant. Vorraussetzen darf man dieses Verhalten aber nicht.
Ein erwachsener Hund wird übernommen
Bei der Übernahme eines erwachsenen Hundes sollte immer vorher sichergestellt sein, dass der Hund in seinem bisherigen Leben ausreichend Kontakte mit Kindern hatte und keine Probleme im Umgang mit ihnen zeigte. Ist der Hund unsicher und wehrt das Kind ab, ist das Risiko für das Kind einfach zu groß.
Der erste Kontakt sollte gelassen und in ruhiger Umgebung erfolgen, wobei auf Stresssignale des Hundes zu achten ist (z. B. über die Lefzen lecken, gähnen, zurückweichen, sich abwenden). Der Hund sollte eine Rückzugsmöglichkeit haben und das Kind den Rückzug akzeptieren. Beide, Hund und Kind, müssen sich erst kennen lernen und den Umgang miteinander üben. Weder das Kind noch der Hund dürfen dabei überfordert werden.
Der fremde Hund
Ein Kind sollte wissen, dass es einen fremden Hund niemals anfassen darf. Erst müssen die Besitzer gefragt werden, ob der Hund Kinder kennt und sich gern streicheln lässt. Gestatten die Hundebesitzer ein Anfassen, sollte das Kind erst die Hand ausstrecken und den Hund schnuppern lassen. Wenn er nicht zurückweicht, kann er gestreichelt werden.
Das Kind sollte niemals
- einen fremden Hund ohne Besitzer streicheln,
- niemals einen Hund von hinten anfassen,
- niemals einem zurückweichenden Hund nachgehen und ihn bedrängen,
- niemals einem Hund längere Zeit in die Augen sehen oder ihn anstarren, da er sich bedroht fühlen könnte,
- niemals davonrennen, da die meisten Hunde Interesse an sich bewegenden Lebewesen zeigen und hinterher rennen, im schlimmsten Fall ein Kind als zu jagende Beute ansehen könnten,
- niemals laut schreien, da der Hund dadurch irritiert werden und aggressiv reagieren könnte.
Wenn Sie diese Grundregeln beachten, werden Sie mit Kind und Hund viel Freude haben und die Wahrscheinlichkeit von Bissverletzungen minimieren.
Quelle: Merkblatt Nr. 104 Erarbeitet vom Arbeitskreis 2 (Kleintiere) Verantwortliche Bearbeiter: Dr. Heidi Bernauer-Münz