Kampfhunde – gibt es sie?

ZUR FRAGE DER BESONDEREN GEFÄHRLICHKEIT VON HUNDEN AUF GRUND DER ZUGEHÖRIGKEIT ZU BESTIMMTEN RASSEN

von A.Univ.Prof. Dr. Irene Sommerfeld-Stur, Institut für Tierzucht und Genetik der Veterinärmedizinischen Universität Wien 2004

LITERATURÜBERSICHT

PHÄNOTYPISCHE MERKMALSBILDUNG

One and onlyDie individuelle phänotypische Merkmalsbildung erfolgt auf der Basis von Wech-selwirkungen zwischen Genotyp und Umwelt. Die Heritabilität ist ein Maß für den Anteil, den der Genotyp an der phänotypischen Merkmalsausprägung ausmacht. Merkmale mit niedriger Heritabilität werden durch Umwelteinflüsse stark modifiziert und lassen sich züchterisch nur in geringem Ausmaß bearbeiten, Merkmale mit hoher Heritabilität sind durch Umwelteinflüsse nur geringfügig zu verändern und lassen sich im allgemeinen züchterisch gut bearbeiten (SCHLEGER und STUR, 1986). Die züchterische Problematik von niedrig heritablen Merkmalen liegt unter anderem darin, daß einerseits die Beurteilung des Genotyps beim Einzeltier und andererseits die Erfassung der genetischen Varianz in einer Zuchtpopulation, die die Voraussetzung für die Selektion ist, nur unter streng standardisierten Umweltbedingungen möglich ist. Da bei Hunden die übliche Haltungsform die indviduelle Einzelhaltung darstellt, kann man ganz allgemein nicht davon ausgehen, daß die für die genetische Beurteilung eines Einzeltieres bzw. für die Erfassung der genetischen Varianz als Voraussetzung für effektive Selektionsmaßnahmen bei niedrig heritablen Merkmalen notwendige Standardisierbarkeit der Umwelt gegeben ist.

RASSEBEGRIFF

Eine Rasse ist eine Gruppe von Individuen innerhalb einer Art, die sich in bestimmten Merkmalen von anderen Individuengruppen unterscheiden und diese Merkmalsvariationen vererben (WIESNER und RIBBECK, 1978)). Die häufigsten Erscheinungsbilder innerhalb der Rasse stellen die Norm, den Rassestandard, dar (COMBERG, 1971). Zwischen den Rassen herrscht im allgemeinen eine diskontinuierliche Variation in Bezug auf die rassebestimmenden Merkmale – das heißt, daß Tiere mit extremen Merkmalswerten einer Rasse immer noch außerhalb der Normvariation einer anderen Rasse liegen. 2

Innerhalb jeder Rasse liegt für alle Merkmale eine genetische bzw. phänotypische Varianz vor, deren Ausmaß für jedes Merkmal unterschiedlich ist und die von der Populationsgröße, vom Inzuchtniveau der Population und vom Selektionsdruck, dem jedes Merkmal ausgesetzt ist, abhängt.

DOMESTIKATION UND RASSENBILDUNG

Infolge der Domestikation kommt es zu einer Änderung des Selektionsdrucks von der natürlichen Selektion, der die Wildpopulation ausgesetzt ist, zur künstlichen Selektion durch den Menschen. Entsprechend den unterschiedlichen Interessen, die der Mensch an den Haustieren hat, kommt es zum Entstehen verschiedener Rassen.

RASSEENTSTEHUNG BEIM HUND

Abgesehen von geographisch bedingten Unterschieden in Bezug auf Fellfarbe und Fellänge, Knochenbau oder Ohrenform, die allenfalls auch bereits bewußt züchterisch bevor-zugt wurden, entstanden die ersten Hunderassen als Folge der Selektion auf bestimmte Ver-wendungsmöglichkeiten (ZIMEN, 1992). In erster Linie nutzte der Mensch wohl den Kampf- und Schutztrieb des Hundes. Daraus entstanden die ersten Hütehunde, die die Herden gegen den Angriff von Wölfen oder Kojoten beschützten (FINGER, 1988), die ersten Jagdhunde, die u.a. für die Jagd auf wehrhaftes Wild eingesetzt wurden, die ersten Hofhunde zur Bewachung der menschlichen Siedlungen und später die Kriegshunde, die als lebende Waffen mit in den Krieg zogen (ZIMEN, 1992). Rassestandards im heutigen Sinn gab es in den Anfängen der Hundezucht sicher keine, die Selektion erfolgte auf halbnatürlicher Basis, zur Fortpflanzung kamen die Hunde, die für den jeweiligen Verwendungszweck am besten geeignet waren. Da für alle genannten Nutzungen große, kräftige und mutige Hunde die besten Voraussetzungen boten, werden sich wohl die ersten rasseähnlichen Fortpflanzungsgemeinschaften des Hundes weder in Bezug auf ihr Exterieur noch in Bezug auf ihren Charakter wesentlich voneinander unterschieden haben.

Im Laufe der Jahrhunderte hat sich an den Hauptverwendungsmöglichkeiten des Hundes nichts wesentliches geändert, spezialisiertere Zuchtrichtungen ergaben sich einerseits im Bereich der Jagdhundezucht sowie allenfalls aus speziellen Freizeitvergnügungen, die sich in England gegen Ende des 16. Jhdt. etablierten. Windhunderennen und Kämpfe von Hunden gegen Bullen führten zur Zucht für diese „Sportarten“ besonders geeigneter Hunde, wobei für die Verwendung als Kampfhund Eigenschaften genutzt wurden, die auch für den ursprünglichen Verwendungszweck der eingesetzten Hunde als Jagd- Wach- und Schutzhunde wichtig waren. Ursprünglich dem Adel vorbehalten wurden vor allem die Bullenkämpfe bald zum Volksvergnügen. Später kämpften Hunde aus praktischen 3

Erwägungen (Bullenbeschaffung war zu teuer) gegeneinander bzw. nachdem 1835 die Hundekämpfe vom Parlament verboten wurden auch gegen Ratten (SEMENCIC, 1984).

Rassehundezucht im modernen Sinn gibt es etwa seit Mitte des 19. Jhdt. 1859 fand in England die erste Hundeausstellung statt. Mit Gründung des British Kennel Clubs 1873 wurden die Rahmenbedingungen für Rassezugehörigkeit, Zucht und Ausstellungsgeschehen festgelegt (ZIMEN, 1992).

 

…hier gelangt man zur kompletten Arbeit Studie zur Rassegefährlichkeit

Quelle: www.vetmeduni.ac.at

Gefährlichkeit von Hunderassen?

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