Bisse vermeiden – Bissprävention
Kinder lieben Hunde. Kinder haben aber auch ein höheres Risiko, von einem Hund gebissen zu werden, als Erwachsene. In den meisten Fällen kommt der Biss vom Familienhund. Wie Eltern das Risiko reduzieren und eine positive Kind-Hund-Beziehung fördern können, darüber klärten Christine Arhant (Institut für Tierhaltung und Tierschutz) und Claudia Schmied-Wagner (Tierschutzombudsfrau des Landes Oberösterreich) bei einem Vortrag im November 2015 auf.
Ein Kind liegt mit dem Familienhund im Hundekorb. Kind und Hund spielen gemeinsam mit einem Stofftier. Szenen wie diese, die gemütlich und kuschelig aussehen, können jedoch Stress für den Hund bedeuten und letztendlich einen Hund zum Biss provozieren. 22 von 1.000 Kindern unter 15 Jahren werden jährlich von einem Hund gebissen, wie eine belgische Studie ergab. In der Gesamtbevölkerung liegt die Quote mit 8 von 1.000 Personen deutlich niedriger. Hundebisse führen damit die Verletzungsstatistik bei Zusammenstößen zwischen Heimtieren und Kindern an. Erstaunlich dabei ist, dass die meisten Bisse bei Kindern bis zehn Jahre vom Familienhund oder einem bekannten Hund stammen.
Aufklärungsarbeit gefragt
„Eltern erkennen potenzielle Risikosituationen häufig nicht als solche. Speziell dann nicht, wenn es sich um den Hund als Familienmitglied handelt“, berichtet Tierhaltungsexpertin Christine Arhant bei einem Vortrag an der Vetmeduni Vienna vor rund 100 Eltern, PädagogInnen, TierärztInnen und HundetrainerInnen. Grund genug für das Institut für Tierhaltung und Tierschutz, Aufklärungsarbeit für ein sicheres Zusammenleben von Kind und Hund zu leisten.
Gefährliche Situationen erkennen
Wann es zu Konflikten zwischen Hunden und Kindern kommt, ist aus mehreren Studien bekannt. So zum Beispiel in folgenden Situationen: Hunde werden in ihren Ruhephasen oder Rückzugsbereichen gestört. Kinder nehmen den Tieren Spielzeug oder Futternapf weg – es entsteht ein Konflikt um Ressourcen. Außerdem kommen beim Hund Ziehen am Schwanz oder starkes Rucken an der Leine gar nicht gut an. Aber auch freundlich gemeinte Begegnungen können dem Tier zu viel werden, zum Beispiel Kinder, die Hunde umarmen oder intensiv streicheln. In diesen Fällen besteht ein erhöhtes Bissrisiko für das Kind.
Grenzen einhalten
„Aus einer aktuellen eigenen Studie wissen wir, dass Erwachsene ihren Hunden sehr viel zumuten. Dabei muss der Hund manchmal genauso vor den Kindern beschützt werden wie umgekehrt die Kinder vor dem Hund“, betont Arhant. Was dem eigenen Hund zumutbar sei, werde nur durch genaues Beobachten der Reaktionen des Vierbeiners erkennbar. Das Problem dabei: „Studien haben gezeigt, dass es für kleine Kinder sehr schwer ist, Warnsignale zu erkennen. Zähnefletschen interpretieren sie fälschlicherweise als Lachen. Deshalb ist die Supervision der Beziehung Kind-Hund durch die Eltern so wichtig. Sobald ein Hund sich vom Kind bedroht fühlt und das zum Beispiel durch Zurücklegen der Ohren, Wegdrehen des Kopfes oder Zurückweichen anzeigt, müssen die Erwachsenen einschreiten. Damit verhindern sie eine weitere Eskalation der Situation“, streicht Arhant die Verantwortung der Eltern hervor.
Schwierige Empfehlungen
Allgemein gültige Tipps für den sicheren Umgang mit dem Familienhund zu geben, ist aus Sicht der Tierhaltungsexpertin jedoch schwierig. Viele Empfehlungen zielen darauf ab, den Kontakt zwischen Kind und Tier einzuschränken, wie zum Beispiel den Hund nicht zu stören, nichts wegzunehmen oder den Platz des Hundes zu respektieren. Wie die Beziehung aber positiv gefördert werden kann, dafür gebe es kein Patentrezept. „Hunde sind genauso wie Menschen individuell verschieden. Was der eine Hund ohne Probleme toleriert oder sogar mag, löst beim anderen eine Abwehrreaktion aus“, so Arhant. Letztendlich gehe es um Risikominimierung. Dazu gehöre auch, im Umgang mit dem Tier ein Vorbild für die Kinder zu sein, die Grundbedürfnisse des Hundes zu achten und aversives Hundetraining zu unterlassen, also auf Methoden zu verzichten, die durch Angst und Schmerz Gehorsam erzwingen.
Aus VETMED 04/2015