Der Hund als Statussymbol?
Der Hund gilt als der beste Freund des Menschen. Er hat das Image als Eisbrecher beim Flirt im Park. Aber welche sozialen Funktionen Hunde für ihre Besitzer haben, ob Hunde Statussymbole sein können und welche Hunde zur Zeit modern sind, ist bislang kaum erforscht. Auf einer Tagung ist die Soziologie auf den Hund gekommen.
„Wir haben drei Shiba Inus, das sind japanische Rassehunde und durch das Halten von diesen Shiba Inus bin ich zum ersten Mal an dieses Thema herangekommen, da ich einfach an mir selbst gemerkt habe, dass Menschen mir anders begegnen.“
Menschen mit Hunden begegnen allüberall auf Straßen und in Parks. Hundemagazine stehen in jeder Bahnhofsbuchhandlung. Die Kynologie ist die Wissenschaft vom Hund. Aber welche sozialen Funktionen Hunde für ihre Besitzer haben, ob Hunde Statussymbole sein können und was für Hunde zur Zeit modern sind, ist bislang kaum erforscht.
„Wir haben festgestellt, dass es sehr viel zu Mensch und Hund gibt, aber gar nicht so viel, wie die hundevermittelte Mensch-Mensch-Interaktion ist, also wie sich ein Hund, der da mit Gassi geht, wie sich das auswirkt, wie Menschen Zugehörigkeiten markieren oder Abgrenzungen, ob es nicht soziale Schubladen gibt, welche Menschen welche Hunde haben.“
Noch viel zu erforschen
Bislang, so die beiden Soziologen Professorin Nicole Burzan und Professor Ronald Hitzler von der Uni Dortmund, ist die Soziologie noch viel zu wenig „auf den Hund gekommen“. Deshalb veranstalteten beide in der letzten Woche eine gleichnamige Tagung zum Thema. Zusammengetragen wurde da, was über Herrn und Hund bereits bekannt, vor allem aber, was noch zu erforschen ist.
„Was man sicher sagen kann, es gibt diese Modehunde, es gibt so japanische Hunde, die kannten wir vor ein paar Jahren nicht und die sind dann über irgendwelche Filme hier populär geworden. Auf der anderen Seite, der Dackel wird langsam zu einem richtig raren Viech, vor allem der Kurzhaardackel. Auch der Pinscher ist einer, der im Augenblick nicht in Mode ist.“
Hunderassen sind also gewissen Moden unterworfen. Doch wer schmückt sich mit welchem Hund? Gibt es sozusagen feine Hundeunterschiede, die deutlich machen, welcher sozialen Schicht sein Herrchen oder Frauchen zugehört?
„Prinzipiell kann man sagen, in bürgerlichen Milieus ist ein Rassehund erst mal mehr wert als ein Mischling. In bestimmten Milieus ist das nicht so. Nicht nur Punks, sondern das linksliberale Alternativmilieu… Die lieben ihre Mischlinge. So wie man immer noch sagen kann, wer einen deutschen Schäferhund hat, ist höchstwahrscheinlich nicht gerade auf der Linksfront zu suchen.“
Carina Kradischnig, Wirtschaftswissenschaftlerin an der Uni Granz beschäftigt sich zurzeit mit der Bedeutung von Rassehunden für das Image ihrer Besitzer.
„Es gibt einerseits jene Rassehundebesitzer, die Rassehunde halten aus einem hedonistischen Bestreben nach Luxus, denen ist es nicht so wichtig, dass der Rassehund als solcher erkennt wird.“
Aber dann gibt es eben auch …
„… diese statusbedürftigen Konsumenten, die halten sich einen Rassehund, ein Boot, ein Haus, einen Porsche, das gehört einfach dazu wie ein Objekt.“
Die Rasse des Hundes drückt das eigene Selbstverständnis aus
Oder Hunde werden gehalten, um einen bestimmten Lebensstil zu unterstreichen …
„Die Nachahmung von bestimmten Persönlichkeiten, Paris Hilton und ihr Chihuahua, die Queen und ihre Corgis. Wolfshund, Afghane oder auch ein Shar Pei, das sind Rassen, die von allem aus Motiven der Einzigartigkeit, also Abhebung, gehalten werden. Und dann andere Rassen, zum Beispiel ein Golden Retriever oder auch ein Weimaraner sind Rassen, die vor allem aus Motiven der Bezugsgruppenzugehörigkeit – nicht anecken – gehalten werden. Und aus diesen Gründen werden dann die stigmatisierten Kampfhunde von solchen Menschen nicht gehalten.“
Kampfhunde dagegen – Pitbulls, Bullterrier und ähnliche Rassen – sind im kriminellen Milieu ein Statussymbol, bestätigte Christian Schmidt, Soziologe an der Uni Dortmund. Denn natürlich ist es nicht verwunderlich, …
„… dass randständige stigmatisierte Leute sich eher mit Hunderassen identifizieren können, die ebenso stigmatisiert sind wie sie selbst. Es gibt schon auch die Fälle, in denen sich Leute diese Hunde als Accessoire missbrauchen, um möglichst bösartig oder abschreckend rüberzukommen …“
Allerdings wies Christian Schmidt darauf hin, dass Pitbulls auch in bürgerlichen Milieus gehalten werden. Und dass das Image bestimmter Hunderassen durchaus wechseln kann. Der Pitbull nämlich war Anfang des 20. Jahrhunderts keineswegs als böse Beißbestie verschrien.
„… dass zum Beispiel so ein Hund wie der Sergeant Stubby ein Kriegsheld war im ersten Weltkrieg, mit 17 Einsätzen, dekoriert als Kriegsheld… Dass der Hund das Image hatte eines Nanny Dog, der auf die Kinder aufpasst, wenn die Eltern arbeiten gehen, Maskottchen an Universitäten war… Und so weiter. Und am Ende, als die Stigmatisierung abgeschlossen war, der Hund der Inbegriff des bösartigen Haustiers war…“
Können Hunde den Soziologen Türen öffnen?
Mitveranstalterin der Tagung Nicole Burzan, Spezialistin für die Soziologie Sozialer Ungleichheiten, möchte darüber forschen, wie deutlich Hunde die sozialen Standorte ihrer Besitzer markieren, ob hundevermittelte Begegnungen zwischen Menschen soziale Grenzen eher befördern oder möglicherweise überwinden. Oder ob „reiche Hunde“ anders erzogen und ernährt werden als andere. Und – ob Hunde wissbegierigen Soziologen möglicherweise Türen öffnen, die sonst für sie verschlossen bleiben. Ronald Hitzler:
„Was Nicole Burzan in ihrer zurückhaltenden Art nicht gesagt hat, sie hat ein Interesse an einer bestimmten Art von Hunden, nämlich Elitenhunden, und damit meinen wir nicht besondere Hunde, sondern Hunde von besonderen Leuten. Also klassische Oberschicht. Also Soziologen können vieles, aber was sie nicht können, ist Oberschichtforschung machen. Warum? Weil sie Kleinbürger sind und sich nicht benehmen können, wie man sich da benimmt. Und wir haben uns überlegt, der Hund könnte ein schöner Türöffner sein.“
Quelle: Deutschlandfunk (Ingeborg Breuer)