Fragen und Antworten zur Persönlichkeit von Hunden
Sie sind uns vertrauter als jede andere Tierart, trotzdem wird die Persönlichkeit von Hunden erst seit Kurzem systematisch erkundet. Wir stellen einige Fakten über die Eigenarten unserer besten Freunde vor
Wie testet man die Persönlichkeit von Hunden?
Indem man die Menschen befragt, die sie am besten kennen: ihre Besitzer. Das hat, als einer der Ersten, der in Texas lehrende Humanpsychologe Sam Gosling getan.
2003 bat er 78 Hundehalter/innen, in einem detaillierten Fragebogen das Verhalten ihrer vierbeinigen Gefährten zu bewerten – deren Neugier, Scheu, Lernfreude, Aggressivität, Folgsamkeit sowie Verträglichkeit mit Menschen und Artgenossen. Um die Verlässlichkeit der Aussagen zu überprüfen, ließ Gosling die Hunde anschließend von unabhängigen Dritten begutachten; parallel dazu testete er, mittels Fragebogen, die Persönlichkeit der Besitzer.
Es stellte sich heraus, dass die Prüfer und Halter in ihren Urteilen in hohem Maße übereinstimmten. Ein weiteres, nicht überraschendes Ergebnis: Je ähnlicher die Charaktere von Besitzer/in und Hund, desto besser kamen beide miteinander aus.
Wie stark bestimmt die Rasse eines Hundes seine Persönlichkeit?
Weniger, als viele denken. Dass Dobermänner wachsam sind, Golden Retriever sanftmütig und Windhunde allem hinterherjagen, was sich bewegt, stimmt zwar generell, trifft aber längst nicht auf jedes Exemplar einer Rasse zu.
Denn Wesenszüge vererben sich weniger zuverlässig als Fellfarbe, Statur und andere äußere Merkmale. Jagdleidenschaft etwa setzt sich nur bei etwa 75 Prozent der Nachkommen durch: Selbst jahrzehntealte Dynastien von Windhunden bringen immer wieder ausgesprochene Couch-Potatoes hervor.
Kampfhunde zu züchten ist noch schwieriger. Denn anders als Jagdlust ist Aggressivität gegen ihresgleichen keine Eigenschaft, die bei Rudeltieren wie Hunden oder Wölfen von der Evolution begünstigt wird; sie macht die Tiere unter Artgenossen eher zu Außenseitern, weshalb sie beim Remix der Gene viel schneller aussortiert wird. Was erklärt, warum sich sogar Exemplare von Rassen, die als gefährlich gelten, in der richtigen Umgebung oft zu lammfrommen Familientieren entwickeln.
Warum verstehen sich Menschen mit Hunden viel besser als mit – genetisch näher verwandten – Menschenaffen?
Das liegt, unter anderem, an der über 20 000 Jahre alten Beziehung, die beide verbindet. Diese hat vor allem die Hunde stark verändert: Aus ursprünglich scheuen Wölfen wurden durch gezielte Zuchtwahl Gefährten, die Menschen nicht nur vertrauten, sondern lernten, Bindungen mit ihnen einzugehen, sich sogar in sie hineinzudenken.
Hunde besitzen eine Fähigkeit, die selbst Menschenaffen weitgehend fehlt: menschliche Gesten zu deuten, etwa einen ausgestreckten Finger, der auf Leckerbissen deutet. Das lernen Wölfe nicht einmal durch intensives Training.
Ihre sozialen Fähigkeiten unterscheiden Hunde auch von Katzen, den beliebtesten Haustieren: Sie werden seit rund 10 000 Jahren domestiziert und unterscheiden sich genetisch wie im Verhalten kaum von ihren wild lebenden Verwandten.
Warum sehen Hunde und ihre Besitzer/innen einander oft so ähnlich?
Diese Beobachtung wird oft als Legende belächelt, aber sie ist nicht ganz abwegig. Sondern Folge der – wissenschaftlich belegten – Tatsache, dass wir eine Vorliebe für Dinge und Lebewesen haben, die uns vertraut erscheinen.
Nichts ist vertrauter als das eigene Spiegelbild, und daher empfinden viele Tierfreunde spontane Sympathie für Hunde, in deren Gesichtern sie sich wiedererkennen. Diesem Effekt ist der US-amerikanische Hundeforscher Stanley Coren in einer Studie nachgegangen: Er bat 104 Frauen, unter vier Hundefotos ihr liebstes auszuwählen, und befragte sie zugleich nach ihrer Frisur. Ergebnis: Langhaarige Frauen entschieden sich signifikant häufiger für Hunde mit Schlappohren, wie Beagles und Spaniel, Frauen mit Kurzhaarschnitt dagegen zogen spitzohrige Rassen vor.
Wie finde ich einen Hund, der zu mir passt?
Jedenfalls nicht durch Auswahl nach dem Aussehen. Auch die Rasse lässt nur bedingt auf den Charakter schließen (siehe oben), schon gar nicht bei Mischlingen. Verlässlicher dagegen ist ein eigenhändiger Test: Lässt sich der Hund gern berühren? Nimmt er eine Einladung zum Spielen an? Das deutet darauf hin, dass er verträglich und wenig stressanfällig ist – Persönlichkeitsmerkmale, die durch Erziehung kaum beeinflusst werden können.
Wer das Verhalten eines Welpen einschätzen will, sollte nach den Eltern des Kandidaten fragen: Ist einer von beiden auffallend aggressiv oder überängstlich, wird es der Nachwuchs mit einiger Wahrscheinlichkeit auch sein.
Welches Missverständnis über den Charakter von Hunden ist besonders verbreitet?
Dass sie einen autoritären Leitwolf über sich brauchen, der ständig Unterordnung einfordert. Diese Regel beruht auf Studien an Zoo-Wölfen, die sich tatsächlich aggressive Kämpfe um Positionen im Rudel liefern. Das liegt jedoch vor allem daran, dass sie von Menschen zusammengestellt worden sind.
Wild lebende Wolfsrudel sind dagegen Familienverbände; die Beziehungen ihrer Mitglieder sind weniger durch Hierarchie als durch Kooperation geprägt. Wild lebende Hunde verhalten sich wiederum anders, wie neuere Studien zeigen: Sie bilden kaum feste Rudel und jagen auch nicht gemeinsam. Ihre sozialen Instinkte richten sich vielmehr auf ihre wichtigsten Futterquellen: Menschen.Der britische Zoologe John Brandshaw folgert daraus. Hunde wollen nicht in erster Linie gehorchen. Sondern in einer harmonischen Beziehung mit Menschen leben.
Quelle: GEO.de